Einer der großen Vorteile der kleinen Spiele gegenüber den großen Spielen, nennen wir sie mal Olympische Spiele, wirkt sich auf jeden Fall schon einmal auf den Geldbeutel aus: Der Eintritt zu sämtlichen Wettkämpfen ist gratis! Ich beginne meine Tour zu den Sportstätten beim Tischtennis in Tivat.
Mich zieht es zur Platte 3, denn dort spielen die Gastgeberinnen aus Montenegro gegen, einen kleinen Moment mal, da steht doch Monaco angeschlagen, aber kann das sein? Die wieselflinke Spielerin, die ihrer armen Gegnerin aus Montenegro die Bälle um die Ohren schmettert, sieht irgendwie anders aus, als man sich Monegassen im Allgemeinen vorstellt.
Da werde ich doch sogleich mal bei einem Fachmann nachfragen, zum Beispiel bei dem neben mir stehenden freundlichen Herren im Trainingsanzug, mit dem Schriftzug „Monaco“ auf dem Rücken.
„Xiaoxin Yang stammt aus China, ist aber Monegassin“, erläutert mir Monsieur Marc Loulergue. Der freundliche Herr im Trainingsanzug entpuppt sich als Präsident des Tischtennisverbandes Monacos und ist Mitglied des monegassischen Nationalen Olympischen Komitees (NOK). Ich erfahre auch, dass Xiaoxin Yang mal Weltranglisten 14, war. Wow, 14.? Äh, 40., nicht 14., wie sich nach genauerem Hinhören und Nachfragen herausstellt. So ein Missverständnis kann schon einmal vorkommen, wenn sich ein Monegasse und ein Deutscher auf Englisch unterhalten.
Während mir Monsieur Loulergue die Welt des Tischtennis erklärt, fertigt Xiaoxin Yang die unglückliche Snezana Culafic mit 3:0 Sätzen humorlos ab. „Unsere Nummer 2 hat gerade Babypause, deshalb kommt jetzt Ulrika Quist zum Zuge. Die stammt eigentlich aus Schweden, lebt aber schon seit mehr als 40 Jahren in Monaco.“ Monaco gewinnt am Ende mit 3:1 gegen Montenegro. Ich gratuliere Monsieur Loulergue und frage, ob ich ein Foto von ihm und den beiden Spielerinnen machen dürfe? „Nein, nein, von mir nicht, ich bin wirklich nicht sehr fotogen. Aber von den Spielerinnen gerne, die haben bestimmt nichts dagegen.“ Haben sie auch nicht. Und so komme ich zu meinem ersten Siegerinnenfoto. Merci beaucoup, monsieur Loulergue et mesdames Yang et Quist. Et bonne Chance!
Weiter geht es mit Judo in Cetinje. In der Halle treffe ich zufällig auf Holger Scheele, den Judo-Nationaltrainer Liechtensteins. Holger stammt aus Hannover und hat seine Lizenz einst gemeinsam mit meinem Nachbarn Wille erworben. Wie klein doch die Welt ist. Die Liebe hat ihn vor zwei Jahren in die Schweiz verschlagen, da kam die Chance, Nationaltrainer in Liechtenstein zu werden, gerade recht. „Vor den Spielen habe ich prognostiziert, dass wir zwei Goldmedaillen gewinnen können. Und eine haben wir bereits.“ Da ist sie, die Siegerin, Mareen Hollenstein.
Die 16 jährige Mareen ist herzerfrischend und droht ihrem Trainer gleich an, ihn zu Boden zu werfen, als dieser Liechtenstein scherzhaft als so etwas wie eine kleine Schweiz an der Grenze zu Österreich bezeichnet. Aber man braucht vor Mareen keine Angst zu haben, sie will nur spielen. Stolz wie Oskar steht sie dann auch auf dem Siegespodest, als Ihr eine fürstliche Hoheit aus Liechtenstein die Medaille umhängt und die Nationalhymne Liechtensteins erklingt. Hätten Sie es gewusst, liebe Leserinnen und Leser? „Heil Dir dem Siegerkranz, god save the queen, …“, das hätte jetzt auch die Hymne aus Brexitanien sein können. Man muss sich einfach mit Mareen mitfreuen, und das tue ich auch ganz unbefangen.